COVID-19: Hemmung und Unterbrechung von Fristen

COVID-19 beeinflusst auch den Betrieb an den Österreichischen Gerichten und Gerichtsverfahren. In den meisten Gerichten wurde ein „Notbetrieb“…

COVID-19 beeinflusst auch den Betrieb an den Österreichischen Gerichten und Gerichtsverfahren. In den meisten Gerichten wurde ein „Notbetrieb“ eingerichtet und der Parteiverkehr weitgehend eingeschränkt. Durch das 2. COVID-19 Gesetz (BGBl. I Nr. 16/2020) wurde das Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz geschaffen, das auch Regelungen im Hinblick auf Fristen enthält und gleichzeitig der Bundesministerin für Justiz die Ermächtigung erteilt, die darin festgelegten Fristen oder Termine nochmals zu verlängern.

Grundregel

Für eine gewisse Zeit, vorerst bis 30.4.2020, sollen in bürgerlichen Rechtssachen (Zivilprozesse, Außerstreitverfahren, Grundbuchs- und Firmenbuchverfahren, Exekutionsverfahren, Insolvenzverfahren) alle prozessualen Fristen, mit Ausnahme jener in Verfahren über die Aufrechterhaltung einer freiheitsentziehenden Maßnahme (z.B. Unterbringungsverfahren) unterbrochen werden.

Diese Bestimmung gilt für verfahrensrechtliche Fristen. Hierzu zählen z.B. Fristen für die Erstattung einer Klagebeantwortung oder Rechtsmittelfristen gegen Entscheidungen von Gerichten. Sofern eine solche verfahrensrechtliche Frist am 22.3.2020 (Datum des In-Kraft-Tretens des 2. COVID-19 Gesetzes) noch nicht abgelaufen war, bzw. ihr fristauslösendes Ereignis nach diesem Datum liegt, wird sie unterbrochen und beginnt mit 1.5.2020 neu zu laufen. „Unterbrechung“ bedeutet in diesem Zusammenhang jedoch nicht, dass die noch nicht abgelaufene Frist nur vorübergehend nicht mehr weiterläuft. Die Unterbrechung führt vielmehr dazu, dass die gesamte Frist mit 1.5.2020 neu zu laufen beginnt.

Beispiel: Wurde eine Klage am 10.3.2020 zugestellt und gleichzeitig der Auftrag erteilt, innerhalb von 4 Wochen eine Klagebeantwortung zu erstatten, wurde diese Frist mit 22.3.2020 unterbrochen. Sie beginnt mit 1.5.2020 neu zu laufen und endet daher am 29.5.2020.

Ausnahmen

Neben den bereits erwähnten Fristen in Verfahren über die Aufrechterhaltung einer freiheitsentziehenden Maßnahme sind von dieser Unterbrechungsregelung explizit auch Leistungsfristen ausgenommen.

Beispiel: Wurde eine Partei in einem Urteil vom 17.3.2020 zur Bezahlung der Forderung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution verurteilt, wurde diese Frist nicht mit 22.3.2020 unterbrochen.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass nach Ablauf dieser Frist bei Nichtbezahlung der Forderung durch die Gegenseite in jedem Fall sofort Exekution geführt werden kann. Dies ist vielmehr davon abhängig, ob die Entscheidung noch durch ein aufschiebendes Rechtsmittel angefochten werden kann. In diesem Fall kann ein Exekutionsverfahren erst nach ungenutztem Ablauf dieser Rechtsmittelfrist – welche aber als verfahrensrechtliche Frist – wie oben beschrieben – unterbrochen wurde – eingeleitet werden. Verzugszinsen können jedoch schon ab Fälligkeit der Forderung, also nach Ablauf der 14-tägigen Frist, verlangt werden.

Ein Gericht kann jedoch verfügen, dass eine Frist nicht bis 30.4.2020, sondern allenfalls bis zu einem vom Gericht festzusetzenden früheren Zeitpunkt unterbrochen wird. Der Gesetzestext spricht davon, dass das Gericht eine neue und angemessene Frist festsetzen kann. Die festzusetzende Länge der Frist liegt im richterlichen Ermessen.

Exkurs: weitere Fristen

Nicht nur innerhalb eines laufenden Gerichtsverfahrens sind Fristen relevant, sondern es wird in einer Vielzahl von Gesetzen eine Frist für das Anhängigmachen eines Verfahrens vor Gericht festgelegt.

Dies betrifft allen voran Verjährungsfristen, aber beispielsweise auch die Frist für die Besitzstörungsklage nach § 454 ZPO oder die Anrufung der Schlichtungsstelle nach § 40 MRG. Auch in arbeitsrechtlichen Bestimmungen finden sich solche Fristen, etwa für die Kündigungsanfechtung nach § 105 ArbVG.

Für solche Fristen gilt, dass die Zeit vom Inkrafttreten des 2. COVID-19 Gesetzes, also ab 22.3.2020, bis zum Ablauf des 30.4.2020 in die Frist nicht eingerechnet wird, die Frist also „stehenbleibt“ (sogenannte Fortlaufshemmung). Anders als bei den oben genannten verfahrensrechtlichen Fristen beginnt mit 1.5.2020 jedoch nicht die gesamte Frist, sondern nur jener Teil der Frist, der am 22.3.2020 noch nicht verstrichen war, neu zu laufen.

Beispiel: Hätte eine Verjährungsfrist z.B. am 29.3.2020 geendet, verlängert sich diese – aufgrund der Fortlaufshemmung ab 22.3.2020 – bis zum 8.5.2020.

Zusammenfassung

Es empfiehlt sich in jedem Fall genau zu prüfen, welche Art von Frist betroffen ist und ob diese am 1. Mai 2020 neu zu laufen beginnt oder lediglich fortgesetzt wird. Sollten Sie offene Fragen zu Fristen in anhängigen Gerichtsverfahren oder Fristen für die Geltendmachung Ihrer Ansprüche haben, steht Ihnen unser KWR-Litigationteam jederzeit zur Verfügung.

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