COVID-19: Update im Exekutions- und Insolvenzrecht

Nach der Exekutionsordnung gilt als „Naturkatastrophe“ ab sofort auch eine „Epidemie oder Pandemie“.

Änderung der Exekutionsordnung (EO)

Nach der Exekutionsordnung gilt als „Naturkatastrophe“ ab sofort auch eine „Epidemie oder Pandemie“. Ist der Verpflichtete von einer Epidemie oder Pandemie betroffen und ist er dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, die zur Einleitung der Exekution führen und diese Exekution seine wirtschaftliche Existenz vernichten würde, ist die Exekution auf Antrag des Verpflichteten aufzuschieben. Der Erlag einer Sicherheitsleistung kann hier entfallen. Das Exekutionsverfahren wird jedoch jedenfalls, wenn die Voraussetzungen wegfallen, fortgesetzt.

Änderung der Insolvenzordnung (IO)

Grundsätzlich hat ein Schuldner sofort, spätestens binnen 60 Tagen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Konkurseröffnung zu beantragen. Bei einer durch eine Naturkatastrophe in Form einer Epidemie und Pandemie eingetretenen Zahlungsunfähigkeit, verlängert sich diese Frist auf 120 Tage. Dadurch sollen Unternehmen, die nur durch eine Naturkatastrophe insolvent werde, an sich aber lebensfähig und sanierungswürdig sind, nicht schon nach Ablauf der 60-Tagesfrist zu einem Konkursantrag verpflichtet sein. Diese Ausnahme wird jedoch dann nicht zutreffen, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Epidemie/Pandemie bereits überschuldet war und durch die Katastrophe die Zahlungsunfähigkeit ausgelöst wurde.

Änderung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

Eine weitere Erleichterung ergibt sich auch für Arbeitgeber: Für die mit Betretungsverbot belegten und von Betriebsbeschränkungen oder Schließungen betroffenen Unternehmen können Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Februar, März und April 2020 nach entsprechendem Antrag gestundet werden. In den Monaten März, April und Mai 2020 sind daher keine Insolvenzanträge wegen Nichtentrichtung fälliger Beiträge zu stellen. Dies führt zu einer Erleichterung für Dienstgeber. Gerade jene Dienstgeber, die Kurzarbeitsbeihilfe gewähren, müssen für Mitarbeiter in Kurzarbeit auch die Sozialversicherungsbeiträge „vorauszahlen“. Durch die Möglichkeit einer Stundung wird nun auch der Unternehmer selbst entlastet, ohne Gefahr zu laufen, einen Insolvenzantrag stellen zu müssen.

Unterbrechung von Fristen

Infolge maßnahmenbedingter Ausfälle oder tatsächlicher Krankheitsfälle werden in allen gerichtlichen Verfahren, daher auch in in Exekutions- und Insolvenzverfahren, die verfahrensrechtlichen Fristen bis zum Ablauf des 30.4.2020 unterbrochen und beginnen mit 1.5.2020 neu zu laufen, sofern das fristauslösende Ereignis auf den 22.3.2020 fällt oder danach fällig oder die verfahrensrechtliche Frist am 22.3.2020 noch nicht abgelaufen ist. Zu prozessualen Fristen zählen gesetzliche Fristen (z.B. Rechtsmittelfristen), aber auch richterliche Fristen.

Einschränkung von Gerichtsverhandlungen und Vollzugshandlungen durch Gerichtsvollzieher

Für den Zeitraum der generellen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 sind Anhörungen und mündliche Verhandlungen nur in bestimmten Fällen (z.B. Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit, zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Verfahrenspartei) abzuhalten. Dringende mündliche Verhandlungen sind jedoch unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel (z.B. via Videokonferenz) zulässig. In der Praxis werden derzeit die meisten Tagsatzungen jedoch auf einen Zeitraum ab Mai 2020 vertagt.

Die Einschränkung gilt auch für die Erteilung und Durchführung von Vollzugsaufträgen an Vollstreckungsorgane. Im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien müssen Gerichtsvollzieher derzeit ihre Tätigkeit auf jene Amtshandlungen einschränken, die bei Nichtvornahme einen „unwiederbringlichen Schaden“ verursachen würden. Wann eine Amtshandlung „dringlich“ ist und ein „unwiederbringlicher Schaden“ droht, entscheidet das Oberlandesgericht Wien. Derzeit werden daher nur ausnahmsweise Vollzugsaufträge erteilt.

Es empfiehlt sich daher im Einzelfall nach Möglichkeit (z.B. bei einer dringenden Räumungsexekution) umgehend Kontakt mit dem Gericht aufzunehmen, um die Frage der „Dringlichkeit“ abzuklären. Dabei unterstützt Sie unser KWR-Litigationteam gerne.

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