GREEN LEASES

Wie ergrünt der Mietvertrag?

 

Projektentwickler:innen und Immobilieneigentümer:innen haben nicht nur bei der Bauführung strenger werdende Anforderungen zur Verbesserung der Ökobilanz zu erfüllen, sondern auch die Bewirtschaftung des Gebäudes steht im Fokus der Gesetzgebung und der europarechtlichen Regulatorien. Neben dem Streben nach Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden, wird in der Immobilienwirtschaft auch auf den Ausbau von grüner Energieerzeugung (Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, etc.) sowie E-Mobilität gesetzt. Anstehende Gesetzgebungsakte wie das neue Energieeffizienzgesetz (EEffG), aber auch die unionsrechtlich geplante Verschärfung der Gebäudeeffizienzrichtlinie 2010/31/EU[1] (zuletzt geändert durch Richtlinie 2018/844/EU[2]) lassen erwarten, dass diese Themen an Aktualität und Relevanz gewinnen.

Ein Instrument, die nachhaltige Bewirtschaftung und Nutzung von Gebäuden und Liegenschaften sicherzustellen, ist der Abschluss von Green Leases (grüne Mietverträge). Sie ermöglichen den Vertragsparteien, ihre zumeist selbst gesetzten Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen.

Was ist ein grüner Mietvertrag?

Eine Definition für den „grünen Mietvertrag“ existiert grundsätzlich nicht, auch kann derzeit keine Zertifizierung für Mietverträge als „Green Lease“ erlangt werden. Eine Hilfestellung für das Begriffsverständnis bilden die vom deutschen ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. erstellten Regelungsempfehlungen für die Formulierung von Green Leases, woran sich auch die österreichische Branche orientiert.

In der Praxis handelt es sich bei Green Leases vorwiegend um Standardmietverträge, die um sogenannte Nachhaltigkeitsklauseln ergänzt werden. Solche Vertragsklauseln sind vor allem in Mietverträgen von gewerblich genutzten Liegenschaften vorzufinden.

Green Leases zeichnen sich dadurch aus, dass die Vertragsparteien den laufenden Betrieb und die Bewirtschaftung des Gebäudes und der Liegenschaft nach Nachhaltigkeitskriterien ausrichten. Es werden in der Regel konkrete Ziele im Vertrag festgelegt, beispielsweise vereinbaren die Parteien, die Gebäudeenergieeffizienz durch festgelegte Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu erhöhen, vorrangig erneuerbare Energie zu verwenden, Abfall sowie Energie- und Wasserverbrauch zu reduzieren, umweltfreundliches Material oder Reinigungsverfahren einzusetzen und Emissionen zu senken.

Die Formulierung von derartigen Vertragsbestimmungen können im Zusammenhang mit Gebäudezertifizierungen stehen. Die Vertragsklauseln sollen beispielsweise die Einhaltung bestimmter Nachhaltigkeitskriterien ermöglichen, um die Zertifizierung des Gebäudes als „Green Building“ zu erhalten.

Die Verbindlichkeit dieser Vertragsbestimmungen kann von einer reinen Empfehlung, einer Bemühenszusage bis zu einer bei Verstößen sanktionierbaren Verpflichtung der Parteien reichen. Aufgrund der facettenreichen Ausgestaltungsmöglichkeit ist bei Marktauftritten daher Vorsicht geboten, um keine unklaren Aussagen oder Zusicherungen zu tätigen.

Wie kann ein Mietvertrag „grün“ gestaltet werden?

Green Leases können je nach Art und beabsichtigten Nutzung des Gebäudes und der Liegenschaft unterschiedlich ausgestaltet werden. Der Mietvertrag ist auf die jeweiligen individuellen Interessen der Parteien auszurichten.

a)      Absichtserklärung zur Nachhaltigkeit

Bei grünen Mietverträgen formulieren die Vertragsparteien im Mietvertrag in der Regel eine Absichtserklärung, Liegenschaft und Gebäude nachhaltig zu betreiben. Derartige Absichtserklärungen können ein gemeinsames Verständnis der Parteien festlegen, wie sie allgemein die nachhaltige Nutzung der Liegenschaft definieren. Dies kann als Interpretationshilfe für die einzelnen Vertragsbestimmungen herangezogen werden und auch Hilfestellung bieten, um Lücken in den vertraglichen Regelungen auch nach ökologischen Gesichtspunkten zu schließen. Die Festlegung ist dabei nicht alleine auf Energieeffizienz und Verringerung der CO2-Bilanz beschränkt. Die Parteien können grundlegend bestimmen, dass neben einer ökologischen und ökonomischen auch eine soziale Nachhaltigkeit (Wohngesundheit, angenehmes Raumklima, hoher Schallschutz, etc.) angestrebt wird.

b)      Energiemonitoring 

Zur Optimierung der Betriebskosten können die Parteien wechselseitige Informations- und Auskunftspflichten vereinbaren oder Maßnahmen zum Energiemonitoring festlegen. Dies dient der Erhebung, Offenlegung aber auch dem Austausch von Energiedaten und bildet die Grundlage für Kosteneinsparungen. Denkbar ist auch, dass Mieter:innen ihre Zustimmung zur Durchführung von Energieaudits erteilen. Dadurch können Vermieter:innen feststellen, wo noch Verbesserungsmaßnahmen notwendig sind und wie die Energieeffizienz des Gebäudes gesteigert werden kann.

Sofern eine Zertifizierung des bewirtschafteten Gebäudes als Green Building vorhanden ist oder angestrebt wird (z.B. nach LEED, ÖGNI/DGNB oder BREEAM), können die Daten Grundlage sein, um die Anforderungen von Zertifizierungssystemen zu erfüllen. Im Allgemeinen können Vermieter:innen und Mieter:innen die gewonnenen Daten für Nachhaltigkeits­berichterstattungen verwenden.

c)       Nachhaltige Hausverwaltung

Hinsichtlich der Liegenschaftsverwaltung können die Parteien die Vereinbarung treffen, dass neben den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch Aspekte ökologischer Nachhaltigkeit zu beachten sind. Vermieter:innen ermöglicht dies, ökologische Leistungen zu beauftragen, auch wenn diese nicht die „preisgünstigen“ Maßnahmen darstellen sollten. Bei der Art der Reinigung können insofern auch strengere Vorgaben für den Wasserverbrauch und die Umweltverträglichkeit (z.B. Einsatz von Reinigungsmittel mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“, etc.) für die Parteien bestehen. Auch können Kriterien für den nachhaltigen Umgang mit Abfall, Energie und Wasser im Vertrag festgelegt werden (Abfallvermeidung, Mülltrennung, Recycling, Nutzung von Grau- und Regenwasser, Verwendung von Zeitschaltuhren und Bewegungsmeldern für die Beleuchtung, etc.).

d)         Modernisierung- und Verbesserungsmaßnahmen

Bei Regelungen zur Erhaltung und Veränderungen des Mietobjektes und des Gebäudes kann ein ökologischer Qualitätsstandard für auszuführende Baumaßnahmen vereinbart werden. Die Parteien können beispielsweise vereinbaren, ökologische Baustoffe oder ökologisch zertifiziertes Baumaterial zu verwenden, und ein umweltfreundliches Bauabfall-Management festlegen.

In diesem Zusammenhang können bei Green Leases sogenannte „Split Incentive” oder „Pass Through“-Klauseln zur Anwendung kommen. Vermieter:innen finanzieren Maßnahmen (z.B. den Austausch der Heizung und Kühlung), die zur Einsparungen bei den Betriebskosten (Energiekosten) führen (was primär den Mieter:innen zur Gute kommt) und lassen sich diese Modernisierungsmaßnahmen zum Teil über höhere Mietzinseinnahmen ersetzen oder sie halten sich die betrieblichen Einsparungen, die sich aus der Verbesserung der Energieeffizienz ergeben, auf eine sonstige Art und Weise zurück (dies entspricht einer „Aufteilung“ der Investitionskosten und Ersparnisse zwischen den Parteien).

e)       Mobilität

Bei größeren Gewerbeimmobilien kann darüber hinaus auch das Thema der Mobilität aufgegriffen werden. Neben Optionen zum Ausbau der Infrastruktur für die E-Mobilität, wie die Aufrüstung von KFZ-Stellplätzen mit E-Ladestationen, können auch Maßnahmen zur besseren infrastrukturellen Einbindung des Mietobjekts gesetzt werden (z.B. Förderung von Carsharing und anderen CO2-neutralen Verkehrsmitteln für Mitarbeiter:innen, Anreize zur Fahrradnutzung, etc.).  

f)       Nachhaltigkeitshandbuch & Grüne Hausordnung

Die Vertragsparteien können als Anlage zum Mietvertrag ein Nachhaltigkeitshandbuch (Anleitungen zur energie- und ressourcensparenden Nutzung des Mietobjektes) vorsehen und außerdem die Hausordnung „grün“ gestalten.

Was ist bei der Vertragserrichtung im Allgemeinen zu beachten?

Auch bei der Errichtung von Green Leases ist eine grundsätzliche Unterscheidung danach vorzunehmen, ob das Mietverhältnis vom Mietrechtsgesetz (MRG) ausgenommen ist, dem Teilanwendungsbereich oder dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegt. Vor allem bei Mietverträgen, die in den Vollanwendungsbereich fallen, ist der privatautonomen Gestaltung des Vertragsverhältnisses enge gesetzliche Grenzen gesetzt.

Im Vollanwendungsbereich des MRG ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Betriebskostenpositionen, die Vermieter:innen vorschreiben können, im MRG abschließend geregelt sind (§§ 21 ff MRG). Wenn damit Vermieter:innen zusätzliche Kosten für die nachhaltige Bewirtschaftung des Gebäudes den Mieter:innen vorschreiben wollen, so ist dies im Vollanwendungsbereich des MRG nicht ohne weiteres möglich. Auch sind die Erhaltungspflichten der Vermieter:innen im Mietrechtsgesetz (§ 3 MRG) zwingend geregelt und dürfen auch nicht mit Nachhaltigkeitsklauseln eingeschränkt werden.

Vermieter:innen (und Hausverwalter:innen) bedienen sich zudem in der Regel vorgefertigter Vertragsmuster. Werden die Nachhaltigkeitsklauseln nicht im Einzelnen ausverhandelt, ist zu beachten, dass die vertraglichen Bestimmungen damit grundsätzlich der gesetzlichen Klauselkontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unterliegen. Die Vertragsklauseln dürfen insbesondere nach § 879 Abs. 3 ABGB nicht gröblich benachteiligend sein. Möchte man beispielsweise Mieter:innen bestimmte Kosten für Nachhaltigkeitsmaßnahmen des Hauses auferlegen, muss diese Kostenüberwälzung sachlich gerechtfertigt sein.

Mietverträge können auch Verbrauchergeschäfte sein (z.B. bei Wohnungsmieten). Diesfalls gilt dann auch die strenge Klauselkontrolle nach den verbraucherrechtlichen Bestimmungen (§ 6 KSchG). Die vertraglichen Regelungen müssen bspw. nach § 6 Abs. 3 KSchG transparent formuliert sein. Unklare oder unverständliche Klauseln sind gegenüber Verbraucher:innen unwirksam.

Bei der Formulierung von Sanktionen muss bei Mietverträgen, die in den (Teil- oder Voll-)Anwendungsbereich des MRG fallen, der Kündigungsschutz berücksichtigt werden. Bei MRG-Mietverträgen ist daher streng zu prüfen, ob bei Verstößen die Kündigung ausgesprochen werden darf.

Fazit

Immer mehr Liegenschaftsentwickler:innen und Immobilieneigentümer:innen legen Wert auf die nachhaltige Nutzung sowie Bewirtschaftung ihrer Mietobjekte und setzen hierfür Green Leases ein. Neben der Reduktion der Umweltbelastung, liegen auch die wirtschaftlichen Vorteile auf der Hand: Mit Green Leases können nicht nur Kosteneinsparungen erzielt werden. Durch nachhaltige Gebäudeausstattung und -management kann die Attraktivität des Gebäudes am Immobilienmarkt für potenzielle Mieter:innen und Investor:innen gesteigert werden, die zumeist selbst unternehmensintern ESG-Kriterien zu erfüllen haben.

Die engen gesetzlichen Regelungen des Mietrechtsgesetzes einerseits und die AGB-Klauselkontrolle bei Mustermietverträgen andererseits können hier zu Stolpersteinen für Vermieter:innen werden. Es ist daher sicherzustellen, dass die Interessen der Parteien gewahrt bleiben und der rechtliche Rahmen bei der Vertragsgestaltung eingehalten wird. 

Das KWR Sustainability Team unterstützt Sie gerne bei der Errichtung von Green Leases.

Diese Website verwendet Cookies

Damit wir Ihnen während des Aufenthaltes auf unserer Website das bestmögliche Erlebnis bieten können, verwenden wir verschiedene Arten von Cookies. Bitte wählen Sie aus, welche Arten von Cookies Sie zulassen möchten und klicken Sie dann auf "Zustimmen". Mit dem Klick auf "Allen zustimmen" erklären Sie sich mit der Verwendung sämtlicher Cookies einverstanden. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen, indem Sie Ihre Einstellungen ändern. Mehr zum Thema Cookies finden Sie unter: Cookie-Policy. Weitere Informationen zum Thema Datenschutz finden Sie unter: Datenschutz.

Impressum

Betriebsnotwendige und
funktionale Cookies
Statistik-Cookies


Weitere Informationen