KWR Energy Law News Nr. 5

Wasserstoff: Mit voller Kraft voraus!?

Spätestens seit dem European Green Deal und Fit for 55ist Wasserstoff wieder im Blickpunkt. Auch im Corona-Jahr 2021 haben neben Tech und Krypto auch „Wasserstoff-Aktien“ einen spektakulären Hype erfahren, wobei zwischenzeitig wieder etwas Ernüchterung eingetreten ist. Seit Anfang Juni 2022 hat nun auch Österreich seine „offizielle“ Wasserstoffstrategie. Grund genug, sich das neue Strategiepapier (Volltext sowie Executive Summary abrufbar unter: www.bmk.gv.at/themen/energie/energieversorgung/wasserstoff/strategie) anzusehen und eine kurze Standortbestimmung vorzunehmen:

1. Überblick über die neue Wasserstoffstrategie

Auch Österreich bekennt sich nun zu – „grünem“ (= erneuerbarem), „blauem“ (= aus Erdgas mittels vollständiger CO2-Abscheidung) sowie „türkisen“ (= mittels Pyrolyse) – Wasserstoff als einen der Schlüssel zur Klimaneutralität, welche in Österreich bekanntlich bis 2040 erreicht werden soll. Man will hier allerdings Prioritätensetzen. Als prioritär betrachtet wird die Stahl- und chemische Industrie, Flug- und Schiffverkehr sowie der Spitzenlastausgleich für volatile erneuerbare Energien. Kein fördernswertes Umfeld sieht man hingegen bei Personenkraftwagen, Wohnraumwärme und Niedertemperaturprozessen in der Industrie. Bei Hochtemperaturprozessen, dem Bus- und LWK-Fernverkehr sowie der Energiespeicherung steht man offenbar noch irgendwo dazwischen.

Kritisch steht man im Übrigen der Nutzung bestehender Infrastruktur für den Transport von Wasserstoff durch Beimischung in das Gasnetz (Blending) gegenüber. Anlagen, die Wasserstoff zu Erdgas im öffentlichen Gasnetz beimengen, blieb auch schon durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz eine Förderung verwehrt (§ 62 Abs 1 EAG).

2. Was bisher geschah

Die Errichtung von Anlagen zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff (oder synthetisches Gas) mit einer Mindestleistung von 1 MW (bzw. eingeschränkt auch bei einer Mindestleitung von 0,5 MW) kann bereits seit 2021 durch Investitionszuschüsse – mit jährlichen Fördermitteln iHv mindestens € 40 Mio – gefördert werden, wenn die Anlage ausschließlich zur Produktion von erneuerbaren Gasen genutzt wird und ausschließlich erneuerbare Elektrizität bezieht (§ 62 Abs 1 EAG).

Rechtlich ermöglicht wurde (unter strengen Voraussetzungen) auch bereits der Betrieb von Elektrolyseanlagen durch Verteiler- und Übertragungsnetzbetreiber (§ 22a ElWOG 2010). Gewisse Ausnahmen sind hier darüber hinaus auch bei der Erneuerbaren-Förderpauschale sowie ua auch bei Netzzutritts-, Netzbereitstellungs- und Netznutzungsentgelten vorgesehen (§ 73 Abs 1a EAG, §§ 54 Abs 6 und 55 Abs 10 ElWOG 2010, § 73 Abs 8 GWG 2011).

Ansonsten sind rechtliche Vorgaben zu Wasserstoff – etwa im Bereich des GWG 2011, aber auch in anlagen- bzw. genehmigungsrechtlicher Hinsicht – bestenfalls kursorisch, weshalb hier noch eine entsprechend große Rechtsunsicherheit besteht.

3. (Neue) Ankündigungen

Mit Interesse erwartet wurden daher zusätzliche Maßnahmen und Ankündigungen zur Förderung und rechtssicheren Regelung der heimischen Wasserstoffindustrie. Hier findet sich im Strategiepapier allerdings wenig Handfestes. Eingerichtet werden soll jedenfalls eine neue Taskforce bestehend aus Vertreter:innen der zuständigen Ministerien. Diese soll bei ihrer Arbeit vom Beirat einer neuen nationalen Wasserstoff-Plattform (H2Austria) unterstützt werden. Durch das BMK ist ein Monitoring vorgesehen.

Maßnahmen zur tatsächlichen Umsetzung gliedern sich in diverse sogenannte „Aktionsfelder“. Hier findet sich etwa, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Wasserstoff durch die Einführung einer Erneuerbaren-Gas-Quote und die kommende CO2-Bepreisung erhöht werden soll. Auch eine Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für Wasserstoffinfrastruktur soll es zwar geben; wie konkret bleibt aber leider noch weitestgehend offen.

Betreffend dieInfrastruktur ist für Konkretes noch die Erarbeitung von Studien, Stufenplänen und Roadmaps, welche nunmehr offenbar angestoßen werden sollen, abzuwarten. Ebenso hier sind noch diverse (Regulierungs-)Fragen völlig offen. Die Wasserstofftoleranz im Gasnetz soll aber jedenfalls bis auf 10 % angehoben werden (siehe auch § 133a GWG 2011).

Darüber hinaus möchte man „Vorzeigeprojekte zur Technologiedemonstration“ fördern, indem für die Teilnahme Österreichs an den ersten Wellen der International Projects of Common European Interest (IPCEI) im Bereich Wasserstoff bis 2026 ein Budget von € 125 Mio bereitgestellt wird.

Für die Industrie sollen durch die „Gestaltung eines Förderungsinstruments zum Anstoß von Transformationsprozessen“ und verbesserten Ausbildungsmöglichkeiten für Fachkräfte Anreize geschaffen werden. Auch können im Rahmen des Programms „Transformation der Wirtschaft“ – mit einem Gesamtbudget von € 100 Mio. bis 2026 – Wasserstoffprojekte unterstütz werden.

Im Bereich Mobilität soll Wasserstoff ua im Rahmen heuer startenden Förderprogrammen für emissionsfreie Busse und Nutzfahrzeuge sowie insgesamt bei der öffentlichen Beschaffung nun allenfalls eine größere Rolle spielen und gewisse Schwerpunkte soll es freilich auch bei Forschung und Entwicklung im Rahmen von bereits bekannten und neu zu errichtenden Forschungsprogrammen geben.

4. Vorläufiges Fazit

Im neuen Wasserstoff-Strategiepapier finden sich eine Vielzahl von Absichtserklärungen, aber (rechtlich) Konkretes bleibt es – über die ohnehin bereits bestehenden und bekannten Instrumente – großteils noch schuldig. Für den Standort bleibt jedenfalls zu hoffen, dass neben der – zweifelsohne wichtigen – „Intensivierung“ von internationalen Kooperation und EU-weiten Koordinierung, welchen viel Raum im neuen Strategiepapier gegeben wird, die zukünftigen Schwerpunkte Österreichs und dessen Rolle in diesem System nicht in den Hintergrund geraten. Rechtsunsicherheit war für Innovation noch nie förderlich.

Sollten Sie zu diesen oder zu anderen energierechtlichen Themen Fragen haben, steht Ihnen das KWR Energy Team jederzeit zur Verfügung.

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