KWR Energy Law News Nr. 6

Neue Rechtsprechung zur Verweigerung der Smart Meter-Installation

1. Smart Meter-Roll-out und Opt-out

Digitale Smart Meter bzw. intelligente Messgeräte (siehe dazu allgemein etwa https://de.wikipedia.org/wiki/Intelligenter_Zähler) werden als zentral für viele „intelligente“ Lösungen der Energiewende angesehen. So kann etwa eine Energiegemeinschaft ohne diese nicht operativ werden, Einspeisung von Photovoltaik vom Dach des Eigenheims wäre ebenso nicht möglich.

Die österreichischen Stromnetzbetreiber haben daher bereits mit dem Roll-Out begonnen, der lokal unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Seit jeher ist der Widerstand gegen Smart Meter aber in gewissen Kreise der Bevölkerung recht hoch, weil befürchtet wird, dass durch die Möglichkeiten der Smart Meter, das Verbrauchsverhalten quasi zeitgleich zu erheben und zu speichern, Datenschutzrecht und Persönlichkeitsrechte verletzt werden.

Durch die Einschränkung der Datenverarbeitungs- und Datennutzungsmöglichkeiten in den §§ 83 ff ElWOG 2010 und vor allem Möglichkeit des „Opt-out“ für Netzbenutzer:innen (Endverbraucher:innen) gemäß § 1 Abs 6 Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung (IME-VO) wurde diesen Bedenken auch Rechnung getragen. In diesem Fall werden vom Netzbetreiber selbst bei Montage des Smart Meter keine laufenden Datenaufzeichnungen getätigt. Vielmehr haben die Netzbetreiber bei Abgabe einer Opt‑Out‑Erklärung das einzubauende oder bereits eingebaute intelligente Messgerät derart zu konfigurieren, dass keine Monats-, Tages‑ und Viertelstundenwerte gespeichert und übertragen werden können. Der Unterschied zum bisherigen analogen Zähler besteht dann darin, dass die Daten einmal pro Jahr extern ausgelesen werden und es nicht mehr erforderlich ist, diese vor Ort auslesen zu lassen.

2. Die Entscheidung OGH 6 Ob 36/22w

Mit Urteil vom 6. 4. 2022, 6 Ob 36/22w setzte der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem langjährigen Rechtsstreit eines Smart Meter-Verweigerers gegen seinen Netzbetreiber einen Schlusspunkt. Der OGH sprach aus, dass die bei der im konkreten Fall beabsichtigten Funktionalität (in der Opt‑Out‑Variante) in Aussicht gestellte Datenverarbeitung dem Einbau und der Verwendung einer digitalen Messeinrichtung nicht entgegenstünde. Die (hypothetische) Möglichkeit, dass der Netzbetreiber die Einrichtung aus der Ferne umprogrammiert und damit die Datenverarbeitung ausweitet, spräche nicht gegen den Einbau und die Verwendung dieser Messeinrichtung, zumal der Netzbetreiber nach dem zwischen den Streitteilen bestehenden Netznutzungsvertrag und den, diesem zugrundeliegenden und von der Regulierungsbehörde genehmigten, (Verteiler-)Netzbedingungen dazu berechtigt ist.

Der klagende Smart Meter-Verweigerer hatte verlangt, dass der beklagte Netzbetreiber es zu unterlassen habe, das an der Messstelle installierte „Ferraris“-Messgerät durch ein intelligentes Messgerät zu ersetzen, und dass dem Netzbetreiber ohne ausdrückliche Einwilligung nicht das Recht zukomme, das an der Messstelle installierte „Ferraris“-Messgerät durch ein intelligentes Messgerät zu ersetzen. Durch intelligente Messgeräte erhobene Verbrauchsinformationen von Privathaushalten wären nämlich personenbezogene Daten iSd § 4 Z 1 DSGVO. Die präzise Erfassung des Stromverbrauchs einzelner Wohneinheiten wäre zudem ein erheblicher Eingriff in die von § 16 ABGB geschützte Privatsphäre.

Der OGH folgte den Argumenten des klagenden Verweigerers nicht: Es sei zu nicht zu bezweifeln, dass die Datenverarbeitung auch im konkreten Fall nach der der DGVO zu beurteilen sei. Zur Erfüllung des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrags und gemäß Art 6 Abs 1 lit b DSGVO sei dies aber zulässig. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH V 178/2021) werde in der – im vorliegenden Fall relevanten – Opt‑Out‑Konfiguration gemäß § 1 Abs 6 IME-VO, in der ein (intelligentes) Messgerät nur die Funktion eines (digitalen) Standardstromzählers erfüllt, den berechtigten Interessen an einer Auslesung und Abgrenzung des jährlichen Stromverbrauchs im Hinblick auf die durch § 1 DSG bzw Art 8 EMRK geschützten (personenbezogenen) Daten der Antragstellerin in verhältnismäßiger Weise Rechnung getragen. Von der Frage, ob die Erfassung, die Speicherung und das Auslesen des Stromverbrauchs eine zulässige Datenverarbeitung iSd DSGVO sei, sei die Frage zu trennen, ob die Möglichkeit der Ausweitung der Datenverarbeitung den Einbau der Messeinrichtung oder ihre Verwendung unzulässig mache. Mit dem Einbau und der Verwendung der beabsichtigten Messeinrichtung an sich sei aber – so der OGH – weder eine der DSGVO widersprechende Datenverarbeitung noch eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Geheimsphäre (§ 16 ABGB) verbunden, die ihren Einbau oder ihre Verwendung unzulässig machen würden. Weder drohe ein, gegen eine Unterlassungspflicht verstoßendes, Verhalten des Netzbetreibers, das Voraussetzung für die vorbeugende Unterlassungsklage) wäre, noch gäbe es Anlass, an der Zulässigkeit der vertraglich eingeräumten Berechtigung des Netzbetreibers, die gegenständliche Messeinrichtung (in der Opt‑Out‑Variante) einzubauen und zu verwenden, zu zweifeln.

3. Fazit

Ob mit OGH 6 Ob 36/22w wirklich das letzte Wort im Kampf Mancher gegen das Roll-out der Smart Meter gesprochen wurde und die Verweigerer nun klein beigeben, ist natürlich nicht mit Sicherheit zu sagen. Was man aber sagen kann, ist, dass der OGH die von der Regulierungsbehörde genehmigten (Verteiler-)Netzbedingungen als tauglichen Rechtfertigungsgrund für den Einbau und die Verwendung der Daten von intelligenten Messgeräten ansieht und dass Netzbetreiber nicht unter einem „Generalverdacht“ stehen, die Konfiguration der Geräte aus der Ferne zu manipulieren. Das ist zumindest etwas!

Sollten Sie zu diesen oder zu anderen energierechtlichen Themen Fragen haben, steht Ihnen das KWR Energy Team jederzeit zur Verfügung.

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