"Once in a Lifetime"

Die flexible Kapitalgesellschaft (FlexCo): Nicht nur für Start-Ups einen Blick wert

Dass in Österreich nicht eine bestehende Gesellschaftsform modernisiert, sondern gleich eine ganz neue Kapitalgesellschaftsform eingeführt wird, stellt für uns als Rechtsberater:innen zumindest retrospektiv betrachtet vermutlich nicht weniger als ein „Once in a Lifetime“ Ereignis dar. Schließlich wurde zuletzt im Jahr 1906 eine neue Kapitalgesellschaftsform, nämlich die GmbH neben der Aktiengesellschaft eingeführt.

Seit 01.01.2024 gibt es nun in Österreich eine dritte Kapitalgesellschaftsform: die Flexible Kapitalgesellschaft oder Flexible Company (kurz FlexKapG, oder FlexCo). Die ersten wurden bereits im Firmenbuch eingetragen. Die FlexCo vereint bereits von Aktiengesellschaften und GmbHs bekannte Eigenschaften und wird so einerseits zu einem Hybrid aus beiden existierenden Kapitalgesellschaftsformen. Gleichzeitig enthält das Gesetz auch ganz neue Aspekte für diese Gesellschaftsform. Die wichtigsten Neuerungen sind:

1. Kapitalstruktur nach Maß

Mindeststammkapital. von EUR 10.000,- und Mindeststammeinlage von EUR 1, ermöglicht eine kleinteilige Kapitalstruktur.

Verschiedene Klassen von Geschäftsanteilen. Neben klassischen Geschäftsanteilen gibt es "Unternehmenswertanteile" (UWA), die bis "unter 25 %" somit bis 24,99 % des Stammkapitals ausgegeben werden können und einen Mindestnennbetrag von 1 Cent haben. So können Mitarbeiter wie Dritte am Bilanzgewinn und Liquidationserlös beteiligt werden, ohne dass ihnen ein Stimmrecht zukommt, oder sie mit ihrem Anteil im Firmenbuch aufscheinen. Einzig in der Liste der Unternehmenswertbeteiligten wird man sehen, wer UWA hält, nicht jedoch in welchem Ausmaß.

2. Einfache Anteilsübertragung und Kapitalerhöhung

Übertragung und Kapitalerhöhung. Übertragung von Geschäftsanteilen wie auch die Abgabe von Übernahmeerklärungen im Falle einer Kapitalerhöhung ist ohne Notariatsakt möglich. Eine einfache Urkunde, errichtet entweder durch eine Notarin oder Rechtsanwältin ist ausreichend. Umstrukturierungen und Finanzierungsrunden werden damit einfacher und kostengünstiger.

Unternehmenswertanteile. Für die Übertragung der unter 1. genannten Unternehmenswertanteile ist sogar die einfache Schriftform, ohne Mitwirkung einer Notarin oder Rechtsanwältin, ausreichend.

3. Effizientere Verwaltung

Vereinfachte Beschlussfassung. Sieht es der Gesellschaftsvertrag der FlexCo vor, ist ein Umlaufbeschluss ohne das Einverständnis aller Gesellschafter in Textform (zB E-Mail) möglich.

Vote-Splitting. Hat eine Anteilseignerin der FlexCo mehr als eine Stimme, können diese auch uneinheitlich abgegeben werden. Uneinheitliche Stimmabgabe durch Treuhänderinnen aber vor allem durch Gesellschafterinnen mit verschiedenen Anteilsgattungen wird damit rechtssicher.

4. Finanzierung

Bedingtes und Genehmigtes Kapital: Bedingte Kapitalerhöhungen (Ermächtigung der Geschäftsführung zur Finanzierung bestimmter Maßnahmen) und genehmigtes Kapital (Ermächtigung der Geschäftsführung zur Kapitalerhöhung in bestimmten Grenzen) standen bisher nur der AG offen.

Finanzierungsinstrumente. Die Geschäftsführung kann ermächtigt werden Finanzierungsinstrumenten auszugeben, bei denen den Gläubigerinnen ein Anteilsbezugsrecht oder Rechte am Gewinn eingeräumt werden.

Umwandlung. Die Flexible Kapitalgesellschaft wurde zwar mit der erklärten Intention ins Leben gerufen, Start-Ups und deren Finanzierung zu fördern. Sie steht jedoch auch etablierten Unternehmen offen. Insbesondere

  • die vereinfachten Formerfordernisse bei Anteilsübertragung,
  • die vereinfachten Formerfordernisse bei Beschlussfassungen,
  • die stimmrechtslose Beteiligung von Mitarbeiterinnen oder auch von Investorinnen,
  • die erweiterten Finanzierungsmöglichkeiten und
  • die Möglichkeit die Stimmausübung, etwa bei Treuhandverhältnissen zu splitten,

können attraktiv sein. Um in deren Genuss zu kommen, muss nicht unbedingt eine neue FlexCo gegründet werden. Eine Umwandlung ist durch einfachen Beschluss mit 75% Mehrheit möglich. Besondere Gläubigerschutzmaßnahmen müssen, anders als bei der Umwandlung zwischen GmbH und AG, nicht beachtet werden. Auch Barabfindungsansprüche von Minderheitsgesellschaftern bestehen nicht. Die Umwandlung ist damit sehr einfach möglich.

Sollten Sie Fragen zum Thema FlexCo haben, stehen Ihnen Stefanie Präauer und Raphael Valenta gern zur Verfügung.

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