Ein Großteil der österreichischen Unternehmen hat aufgrund der Corona-Krise wirtschaftliche Schwierigkeiten und überlegt daher arbeitsrechtliche Maßnahmen. Viele Unternehmen sehen keinen anderen Ausweg als Kündigungen – das Arbeitsmarktservice verzeichnete in der Woche vom 16.3. bis 20.3.2020 allein schon über 1 Million zusätzlich als arbeitslos gemeldete Menschen.
Es gibt jedoch Alternativen zu (Massen)Kündigungen. Kündigungen sind nicht unbedingt das beste Mittel der Wahl. Starke Arbeitgeber binden ihre Mitarbeiter so gut es geht, um so auch in und nach der Krise die Bindung ihrer Schlüsseltalente an ihr Unternehmen zu gewährleisten.
Nachstehend finden Sie einen Überblick über wichtige Hilfsmaßnahmen und Handlungsalternativen, sodass Sie Ihre Mitarbeiter trotz Krise in Ihrem Unternehmen behalten können. Diese Information basiert auf der Rechtslage vom 23.3.2020. Änderungen sind durch neu hinzukommende Gesetze oder Verordnungen nicht auszuschließen.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Im Detail sind viele Fragen offen, die sich nach und nach klären werden. Wir raten Arbeitgebern, keine Schnellschussaktionen zu machen, sondern bewusst und nach Einholung aller rechtlichen Informationen wohl überlegte Schritte zu setzen.
Welche Möglichkeiten gibt es, die Krisenzeit gemeinsam zu meistern?
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können jederzeit einvernehmlich vereinbaren, dass Resturlaub und/oder Zeitguthaben konsumiert werden. Arbeitgeber könnten ihren Arbeitnehmern anbieten, dass es z.B. für 4 konsumierte Urlaubstage einen freiwilligen Urlaubstag „dazu“ gibt. Hier ist es aber wichtig, diese Maßnahmen entsprechend rechtlich richtig zu kommunizieren und zu administrieren.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können weiters einvernehmlich vereinbaren, dass Arbeitszeit und aliquot dazu das Entgelt für eine gewisse Zeit gekürzt werden.
Von der Vereinbarung, dass nur das Entgelt gekürzt wird (und die Arbeitszeit gleichbleibt) sowie von der Vereinbarung einer Stundung des Entgelts ist abzuraten, da solche Abmachungen unwirksam sein könnten.
Weiters könnte einvernehmlich unbezahlter Urlaub bzw. eine Karenzierung vereinbart werden. Auch hier ist es besonders wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen und eine diesbezügliche schriftliche Vereinbarung abzuschließen.
Sofern sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sind, sind auch andere Maßnahmen – vorbehaltlich rechtlicher Prüfung und einer Vereinbarung – zulässig.
Welche Möglichkeiten hat der Arbeitgeber einseitig?
Sofern eine Überstundenpauschale mit Widerrufsmöglichkeit vereinbart wurde, kann der Arbeitgeber diese Überstundenpauschale widerrufen, wenn tatsächlich keine Überstunden geleistet werden.
Achtung: Sofern eine All-In Vereinbarung getroffen wurde, sind grundsätzlich auch in Krisenzeiten keine einseitigen Änderungen zum Nachteil des Arbeitnehmers zulässig.
Die einseitigen Möglichkeiten zur Anordnung von Urlaubsverbrauch oder Zeitguthaben sind beschränkt: Sie können als Arbeitgeber Ihre Mitarbeiter nur dann verpflichten, Zeitguthaben und/oder Resturlaub aufzubrauchen, wenn ein Betrieb(-steil) aufgrund des COVID-19 Maßnahmengesetzes schließen musste und dadurch der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung (nicht mehr) erbringen kann. Insgesamt können zudem nicht mehr als 8 Wochen Urlaubs- und Zeitguthabensverbrauch angeordnet werden. Die Verbrauchspflicht für Urlaubstage des aktuellen Urlaubsjahres ist beschränkt auf zwei Wochen. In diesem Fall ist weiters zu beachten, dass Sie als Arbeitgeber bei der behördlichen Schließung Ihres Betriebes (zur Vermeidung der Verbreitung von COVID-19) weiterhin das volle Entgelt fortzahlen müssen. Diese Entgeltfortzahlung können Sie als Arbeitgeber auch nicht vom Staat zurückfordern. Die Möglichkeit zur Beantragung von Kurzarbeit steht dem, falls Sie von der behördlichen Schließung betroffen sind, jedoch nicht entgegen.
Corona-Kurzarbeit
Das neue Kurzarbeit-Modell der österreichischen Regierung soll verhindern, dass Mitarbeiter gekündigt werden und soll ermöglichen, dass diese weiterhin im Betrieb beschäftigt bleiben können. Dem Arbeitgeber wird bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Teil der Entgeltfortzahlung vom Bund erstattet.
Kurzarbeit ist grundsätzlich nichts Neues. Das Kurzarbeitsmodell wurde aber für die Corona-Krise stark verändert und wesentlich attraktiver für Arbeitgeber gestaltet. Die grundsätzliche Idee dabei ist, die Arbeitsstunden des Arbeitnehmers zu verringern, ohne dass dies beim Arbeitnehmer zu einer allzu großen Entgeltreduktion führt. Die Differenz der geleisteten und der ausgefallenen Arbeitsstunden werden vom AMS bei Vorliegen der Voraussetzungen als sogenannte Kurzarbeitsbeihilfe ersetzt. Auch die Sozialversicherungsbeiträge werden ab dem ersten Monat der Kurzarbeit nachträglich übernommen.
Wie viel bezahlt werden muss und wie viel ersetzt wird, kann im Vorfeld anhand der vom AMS zur Verfügung gestellten Formulare ermittelt werden. Hier finden Sie den aktuellen Link:
https://www.ams.at/unternehmen/personalsicherung-und-fruehwarnsystem/kurzarbeit/downloads-kurzarbeit
Wichtig zu wissen ist aber insbesondere, dass zunächst der Arbeitgeber mit dem gesamten Entgelt „in Vorleistung“ gehen muss und erst nachträglich die Kurzarbeitsbeihilfe ausgezahlt erhält. Laut derzeitigen Informationen bedeutet dies, dass eine Rückerstattung durch das AMS bis zu 90 Tage dauern kann.
Wichtig: Förderbar sind auch Mitglieder des geschäftsführenden Organs, wenn sie ASVG-versichert sind.
Gemäß der derzeitigen Rechtslage kann Kurzarbeit bis zu drei Monate beantragt und auf weitere drei Monate verlängert werden. Kommt es etappenweise wieder zu einem höheren Arbeitsanfall, kann das Kurzarbeit-Modell abgeändert werden.
Wenn der Betriebsrat bzw. im Fall des Nichtbestehens eines Betriebsrates die Mitarbeiter jeweils einzeln der Kurzarbeit nicht zustimmen, kann für die betroffenen Betriebe bzw. Mitarbeiter keine Kurzarbeit beantragt werden. In diesem Fall müssen alternative Maßnahmen (siehe oben) oder eine Beendigung (siehe unten) überlegt werden.
Bitte bedenken Sie, dass während des Kurzarbeitszeitraumes ein Kündigungsverbot und darüber hinaus eine Behaltefrist von einem Monat nach der Kurzarbeitsperiode gilt. Kündigungen sind in dieser Zeit nur schwer möglich und bedürfen einer Genehmigung des AMS.
Für Arbeitnehmer ist Kurzarbeit besonders dann attraktiv, wenn das Entgelt, das sie während der Kurzarbeit erhalten, höher als das ihnen zustehenden Arbeitslosengeld ist.
Beendigung von Dienstverhältnissen
Wenn es keine andere, weniger einschneidende, Alternative gibt, sind auch Kündigungen grundsätzlich „wie immer“ möglich. Es sind die Kündigungsfristen und Kündigungstermine zu beachten sowie das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren einzuhalten. In diesen Belangen gibt es bis dato keine Corona-Sonderregelungen. Ein sofortiges Kündigen ohne Einhaltung der Fristen und Termine und des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens ist daher – entgegen kursierender Gerüchte – nicht zulässig. Bedenken Sie dies und auch die Dauer der Kündigungsfrist, ehe Sie Kündigungen aussprechen.
Beendigungen im Probemonat sowie das Auslaufen von Befristungen sind auch während der Corona-Krise möglich.
Beabsichtigen Sie mehrere Kündigungen auszusprechen, ist das Frühwarnsystem beim AMS einzuhalten und die 30-tägige Sperrfrist vor dem Ausspruch der Kündigungen abzuwarten, wenn das AMS keine Ausnahmegenehmigung erteilt.
Eine Option wäre eine Kombination aus Kündigung und Wiedereinstellung. Hier ist besondere Vorsicht bei der Ausgestaltung zu empfehlen, um keine Situationen zu schaffen, die so nicht gewollt waren. Möglichkeiten sind: Kündigung mit Wiedereinstellungszusage (seitens des Arbeitgebers), Kündigung (seitens des Arbeitgebers) mit Wiedereinstellungsvereinbarung (beidseitig), einvernehmliche Beendigung mit Wiedereinstellungszusage oder einvernehmliche Beendigung mit Wiedereinstellungsvereinbarung.
Gute Kommunikation, Planung, Abstimmung und Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen als Schlüssel
Achten Sie darauf, wie Sie die Maßnahmen anlässlich der Corona-Krise Ihren Mitarbeitern kommunizieren. Es kann auch wichtig sein, zu deeskalieren und Gerüchten vorzugreifen. Alle sind verunsichert. Daher gilt es, gemeinsam eine solide Lösung für die Krise zu finden.
Wichtig ist auch, nach Möglichkeit Ungleichbehandlungen zu vermeiden und zugleich auf Einzelfälle einzugehen.
Es ist essentiell, auch in diesen Zeiten eine gute Unternehmenskultur zu gewährleisten.
Unabdingbar ist es aber auch, rechtlich korrekt zu handeln und die entsprechenden Vereinbarungen abzuschließen.
Ein gemeinsames Meistern dieser schwierigen Zeit fordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität, Fairness und Professionalität. Holen Sie sich in jedem Fall den Rat von Experten ein!