Änderung einer Konzession ohne neues Vergabeverfahren

In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit geht es um die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der mit dem Betrieb der deutschen Bundesautobahnen betrauten…

EuGH 17.10.2024, Rs C-452/23 (Fastned Deutschland GmbH & Co KG gegen Die Autobahn GmbH des Bundes):

In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit geht es um die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der mit dem Betrieb der deutschen Bundesautobahnen betrauten Gesellschaft (Autobahn GmbH des Bundes), die ohne Vergabeverfahren bestimmte Konzessionsverträge über Autobahnrastanlagen so erweitert hat, dass die Konzessionsnehmer dort Ladestationen für Elektrofahrzeuge errichten konnten. Zum Zeitpunkt des ursprünglichen Abschlusses der Konzessionsverträge galt für die Konzessionsnehmer das In-House-Privileg, sodass eine Ausschreibung unterbleiben konnte. Da die Konzessionsnehmer mittlerweile privatisiert wurden, stellt sich nunmehr die Frage, ob die Ergänzung der bestehenden Konzessionsverträge eine Ausschreibung erfordert.

Die Fastned Deutschland GmbH & Co KG und die Tesla Germany GmbH – zwei Unternehmen, die Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge errichten und betreiben – waren der Ansicht, dass die Änderung der Konzessionsverträge unwirksam sei, da ihr ein unionsweites Vergabeverfahren hätte vorausgehen müssen, und stellten bei der Vergabekammer des Bundes (Deutschland) einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer des Bundes wies den Antrag mit Beschluss vom 15.6.2022 zurück, woraufhin Fastned und Tesla sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegten. Dieses Gericht legte dem EuGH folgende Frage vor:

Kann eine Konzession auch dann ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens geändert werden, wenn sie ohne Ausschreibung an eine In-House-Einrichtung vergeben wurde und zu einem Zeitpunkt geändert wird, zu dem der Konzessionsnehmer keine In-House-Einrichtung mehr ist?

Ist der Konzessionsnehmer zum Zeitpunkt der Vornahme einer Änderung des Konzessionsvertrags eine In-House-Einrichtung, kann diese jedenfalls ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens vorgenommen werden. Aufgrund der Privatisierung erfüllen die Konzessionsnehmer im vorliegenden Fall die Bedingungen an eine In-House-Einrichtung nicht mehr. Daher kann die Änderung nur dann ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens vorgenommen werden, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Gemäß Art 43 Abs 1 lit c der RL 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe können Konzessionen ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens geändert werden, wenn die Änderung aufgrund von Umständen, die ein seiner Sorgfaltspflicht nachkommender öffentlicher Auftraggeber nicht vorhersehen konnte, erforderlich wurde, sich der Gesamtcharakter der Konzession aufgrund der Änderung nicht verändert und sich der Wert des Vertrags um höchstens 50% des Werts der ursprünglichen Konzession erhöht. Im vorliegenden Fall zielt die Änderung auf die Errichtung, die Unterhaltung und den Betrieb einer funktionsfähigen Schnellladeinfrastruktur auf den betreffenden Rastanlagen ab. Die Prüfung, ob die genannten Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Der EuGH hielt fest, dass weder aus dem Wortlaut noch aus dem Kontext des Art 43 Abs 1 lit c der RL 2014/23/EU hervorgeht, dass eine Konzession im Anschluss an den Eintritt unvorhersehbarer Umstände nicht ohne ein neues Vergabeverfahren geändert werden kann, wenn sie ursprünglich ohne Ausschreibung an eine In-House-Einrichtung vergeben wurde und die betreffende Änderung zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der Konzessionsnehmer nicht mehr die Eigenschaft einer In-House-Einrichtung hat. Gerade auch das Ziel der Bestimmung zeigt, dass diese den öffentlichen Auftraggebern ein gewisses Maß an Flexibilität verschaffen soll, damit sie eine Konzession während ihrer Laufzeit an externe Rahmenbedingungen anpassen können, die sie zum Zeitpunkt der Vergabe nicht absehen konnten, insbesondere wenn sich ihre Ausführung über einen langen Zeitraum erstreckt.

Aus diesen Erwägungen stellte der EuGH zusammengefasst klar, dass eine Konzession auch dann ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens geändert werden kann, wenn sie ursprünglich ohne Ausschreibung an eine In-House-Einrichtung vergeben wurde und ihr Gegenstand zu einem Zeitpunkt geändert wird, zu dem der Konzessionsnehmer keine In-House-Einrichtung mehr ist. Zudem kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass die Änderung einer Konzession „erforderlich wurde“, wenn unvorhersehbare Umstände eine Anpassung der ursprünglichen Konzession erfordern, um sicherzustellen, dass sie weiterhin ordnungsgemäß ausgeführt werden kann.

Bei Fragen zu diesem oder anderen vergabrechtlichen Themen, steht Ihnen das KWR-Vergaberechtsteam gern zur Verfügung.

 

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