Automatisch errechnete Chancen am Arbeitsmarkt – Datenschutz

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) beschäftigte sich in der Entscheidung zu GZ Ro 2021/04/0010-11 vom 21.12.2023 in datenschutzrechtlicher Hinsicht mit…

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) beschäftigte sich in der Entscheidung zu GZ Ro 2021/04/0010-11 vom 21.12.2023 in datenschutzrechtlicher Hinsicht mit einem vom Arbeitsmarktservice (AMS) entwickelten Arbeitsmarktchancen-Assistenzsystem („AMAS“). Dabei handelt es um ein Tool, das auf Grundlage verschiedener personenbezogener Daten (wie Alter, Geschlecht, Ausbildung und Arbeitserfahrung etc.) Vermittlungschancen am Arbeitsmarkt für arbeitssuchenden Personen errechnet. Zentrale Frage war, ob es sich beim Tool AMAS um eine automatisierte Entscheidungsfindung nach Art 22 DSGVO („Profiling“) handelt oder nicht.

Anlassfall und Entscheidungen der Vorinstanzen  

Das AMAS sollte im Beratungsprozess genutzt werden und für BeraterInnen ein Ausgangspunkt sein, um gemeinsam mit KundInnen eine Einschätzung des Potentials und, sofern vorhanden, der Hindernisse bei der Arbeitsmarktintegration festzustellen, sowie die optimale Betreuungsstrategie zu definieren. Es findet eine Kundengruppenzuordnung statt, die je nach Ausgestaltung einen Kunden z.B. zu Förderungen berechtigt oder nicht.

Die Datenschutzbehörde hatte in einem amtswegig eingeleiteten Aufsichtsverfahren dem AMS die Verwendung des AMAS mit Bescheid untersagt. Sie begründete dies damit, dass für diese Art der Verarbeitung (in Form von „Profiling“) keine Rechtsgrundlage im Sinne der DSGVO bestehe. Das AMS könne sich auf keine gesetzliche Ermächtigung zu einer derartigen Datenverarbeitung stützen. Weiters handle es sich um eine verbotene automatisierte Entscheidungsfindung nach Art 22 DSGVO. Es könne nämlich nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass in Einzelfällen die Entscheidung der Betreuer bzw. des AMS ausschließlich auf das Profiling gestützt werde.

Gegen den Bescheid erhob das AMS Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Das  BVwG behob den Bescheid der Datenschutzbehörde. Das BVwG vertrat die Meinung, dass die BeraterInnen sich nicht ausschließlich auf das Ergebnis des AMAS stützen. Das AMS habe hierfür neben internen Richtlinien auch entsprechende Handlungsanleitungen an die BeraterInnen vorgegeben. Die Letztentscheidung liege demnach bei den BeraterInnen. Es liege demnach keine automatisierte Entscheidungsfindung nach Art 22 DSGVO vor. Die Datenverarbeitung sei darüber hinaus aufgrund §§ 25 und 29 AMSG gerechtfertigt. Nach diesen Bestimmungen ist die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse (Vermittlung von Arbeit) liegt. 

Entscheidung des VwGH

Der VwGH als dritte Instanz sah bei der AMAS-Datenverarbeitung ein (erhebliches) öffentliches Interesse. Die Frage, ob die Datenverarbeitung mittels AMAS eine (verbotene) automatisierte Entscheidungsfindung nach Art 22 DSGVO darstellt, konnte der VwGH nicht abschließend prüfen. Grund hierfür war, dass das BVwG z.B. keine Feststellungen darüber getroffen hatte, welche anderen Parameter bei der Entscheidung in welchem Ausmaß zu berücksichtigen sind bzw. welche Vorgangsweise bei der Verwertung des AMAS-Werts vorgesehen ist. Es fehlte daher an einer inhaltlichen Bewertung. Mangels dieser Feststellungen konnte der VwGH nicht beurteilen, wie maßgeblich der AMAS-Wert in die Entscheidung einfließt.

Ist eine automatisierte Entscheidungsfindung zu bejahen, so könnte die AMAS-Datenverarbeitung als unzulässig angesehen werden. Eine Ausnahme davon bestünde nur dann, wenn die Entscheidung aufgrund einer Rechtsvorschrift zulässig wäre. Eine solche Vorschrift – die den Erlass der automatisierten Entscheidung im Einzelfall erlaubt – liege laut VwGH in den Bestimmungen des AMSG aber nicht vor. Ob darüber hinaus weitere Vorschriften vorliegen, die eine solche Datenverarbeitung zulassen würden, hat das BVwG ebenso nicht geprüft.

Die Sache ist nun zurück beim BVwG zur Erörterung der Rechtslage und Beseitigung der Feststellungsmängel. Die neue Entscheidung bleibt mit Spannung abzuwarten.

Für Fragen steht Ihnen das KWR Datenschutzteam gerne zur Verfügung.

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