Nach wie vor herrscht in der Praxis vieler Unternehmen große Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Umgang mit MitarbeiterInnenfotos und -videos – wann dürfen welche Bilder angefertigt und veröffentlicht werden, welche Vereinbarungen werden benötigt und was ist, wenn die Videos für Werbezwecke verwendet werden sollen? Und vor allem: was kann passieren, wenn die Fotos und Videos „einfach so“ gemacht und auf Social Media Plattformen gepostet werden?
Mit eben dieser Frage haben sich indirekt jüngst das Arbeitsgericht Kiel (Beschluss vom 28.04.2022, 2 Ca 82 e/22) und in weiterer Folge das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Beschluss vom 31.05.2022, 6 Ta 49/22) beschäftigt.
Was war passiert?
Die deutsche Arbeitgeberin im Bereich der mobilen Pflege hat von der Klägerin, einer (ehemaligen) Mitarbeiterin, verschiedene Videoaufnahmen angefertigt und diese Aufnahmen anschließend für ein Werbevideo zusammengeschnitten. Dieses Werbevideo wurde auf der Streamingplattform YouTube veröffentlicht. Das Pikante dabei: die Mitarbeiterin hat zwar konkludent in die Videoaufnahmen eingewilligt, aber nicht, dass sie dabei als „Testimonial“ auf YouTube zu sehen sein wird. Vielmehr wusste die Klägerin gar nichts davon, dass die Aufnahmen zu Werbezwecken angefertigt wurden – zu diesen hätte die Klägerin auch nicht eingewilligt. Kurzum, für die Verwendung der Videosequenzen zu Werbezwecken und der Veröffentlichung auf YouTube fehlte die entsprechende Rechtsgrundlage. Für diese unrechtmäßige Veröffentlichung begehrte die Klägerin immateriellen Schadenersatz in Höhe von EUR 6.000,00 und Prozesskostenhilfe (Unterart der Verfahrenshilfe). Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschied im Verfahren um die Prozesskostenhilfe, dass die begehrten EUR 6.000,00 zu hoch für diese Art von Verletzung der persönlichen Rechte seien und EUR 2.000,00 eher angemessen seien. Für diese Summe erhielt die Klägerin schlussendlich auch Prozesskostenhilfe.
Wenngleich der Betrag von EUR 2.000,00 als immaterieller Schadenersatz nicht viel erscheinen mag, ist diese Entscheidung für die Praxis sehr relevant: Auch weitere betroffene MitarbeiterInnen könnten Ansprüche geltend machen. Zu diesen immateriellen Schadenersatzansprüchen könnten zudem auch Geldbußen von Aufsichtsbehörden auferlegt werden. Weiters besteht die Gefahr, dass unrechtmäßig genutzte Fotos und Videos nicht mehr verwendet werden dürfen oder sogar vernichtetet werden müssen. Die Kosten, eine Marketingkampagne komplett neu aufstellen zu müssen, können immens werden, ebenso wie der Imageschaden.
Daher sollte unbedingt noch vor Aufnahme von Fotos oder Videos von MitarbeiterInnen die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung und Nutzung her- und sichergestellt werden.
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