Ab dem 1. 1. 2023 kommt es zu einigen Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht. Diese Änderungen betreffen zum Teil das Arbeitsrecht und den Arbeitsmarkt, aber auch Familien und die Sozialversicherung. Nachstehend finden Sie einen ersten Überblick über einige wichtige Änderungen:
HinweisgeberInnenschutzgesetz
Eine der wohl größten Neuerungen im Jahr 2023 betrifft die Umsetzung der von der Europäischen Union („EU“) im Jahr 2019 erlassenen Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden [Richtlinie (EU) 2019/1937] – auch „Whistleblower-Richtlinie“ genannt.
Das Inkrafttreten wird nicht vor April 2023 erwartet. Ziel der Richtlinie ist es, einen unionsweiten Mindeststandard im Zusammenhang mit Whistleblowing zu gewährleisten, aber auch WhistleblowerInnen („HinweisgeberInnen“) zu schützen, um eine höhere Aufklärungsrate von bestimmten Verstößen gegen das Unionsrecht zu erzielen. Es sollen alle juristischen Personen des öffentlichen Sektors sowie alle privatwirtschaftlichen Unternehmen mit mindestens 50 MitarbeiterInnen dazu verpflichtet werden, einen funktionsfähigen internen Meldekanal einzurichten.
In Österreich wurde im Sommer 2022 der erste Entwurf des Gesetzes für die Umsetzung der Richtlinie veröffentlicht. Dieser entsprach jedoch zum Teil nicht den Mindestvorgaben der Richtlinie. Mitte Dezember 2022 wurde der Initiativantrag zum HinweisgeberInnenschutzgesetz im Nationalrat eingebracht und dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zugewiesen. Die Beratungen zu dem Entwurf wurden im zuständigen Ausschuss noch nicht aufgenommen. Das Inkrafttreten des Gesetzes wird im 1. Quartal 2023 erwartet. Ab Inkrafttreten des Gesetzes soll für die Umsetzung in den Unternehmen eine Übergangsfrist von 6 Monaten gelten.
Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen
Die von der EU erlassene Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union [Richtlinie (EU) 2019/1152] hat das vorrangige Ziel, die Mindestvorschriften zu den Arbeitsbedingungen in der gesamten EU zu vereinheitlichen. Dies soll vor allem dadurch gewährleistet werden, dass eine vorhersehbare und transparente Beschäftigung gefördert und die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleistet wird. Viele der in der Richtlinie enthaltenen Maßnahmen sind in Österreich bereits gesetzlich verankert. Einen Gesetzesentwurf für die Umsetzung der Richtlinie in Österreich gibt es noch nicht. Es bleibt weiterhin abzuwarten, wie die Richtlinie im Inland umgesetzt wird.
Aufgrund der Nichtumsetzung der Richtlinie wurde von der EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.
Urlaubsersatzleistung bei Austritt
Bislang hatten Arbeitnehmer in Österreich gem §10 Abs 2 Urlaubsgesetz (UrlG) bei unbegründetem vorzeitigem Austritt keinen Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung für den Resturlaub des laufenden letzten Jahres der Beschäftigung. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass diese Bestimmung unionsrechtswidrig ist, da Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr die Möglichkeit haben, den Jahresurlaub zu konsumieren. Ab dem 1. 11. 2022 haben Arbeitnehmer im Falle eines unbegründeten vorzeitigen Ausscheidens Anspruch auf eine Abgeltung des nicht konsumierten Urlaubs aus dem laufenden Urlaubsjahr in Höhe von vier Wochen.
Kurzarbeit und Sonderbetreuungszeit
Durch das Andauern der Covid-19 Pandemie wird die Geltungsdauer von zahlreichen dazu erlassenen Bestimmungen bis Ende Juni 2023 verlängert. Davon betroffen ist unter anderem der Anspruch auf Kurzarbeitsbeihilfe. Im Bereich der Kurzarbeit kommt es zu einigen Änderungen ab 1. 1. 2023, zum Beispiel ist der Urlaubsverbrauch während Kurzarbeit nicht mehr verpflichtend und eine Bestätigung der wirtschaftlichen Begründung für den Anspruch auf Kurzarbeit durch einen Steuerberater o. Ä. ist nicht mehr notwendig. Auch der Anspruch auf eine Risikofreistellung für Personen, die einer Risikogruppe angehören, wurde bis Ende Juni 2023 verlängert.
Eltern haben zwischen 1. 1. 2023 und 7. 7. 2023 einen Anspruch auf Sonderbetreuungszeit gegen Fortzahlung des Entgelts. Der Antrag kann insbesondere dann gestellt werden, wenn aufgrund eines positiven Covid-19-Tests das Betreten von Kinderbetreuungseinrichtungen oder Lehranstalten für ein Kind, für welches Betreuungspflicht besteht, untersagt ist. Im Zeitraum von 5. 9. 2022 bis 7. 7. 2023 ist ein Höchstanspruch auf Sonderbetreuungszeit von gesamt 3 Wochen pro ArbeitnehmerIn möglich.
Altersteilzeit und Kinderbetreuungsgeld
Eine weitere Änderung gibt es im Bereich der Altersteilzeit und des Kinderbetreuungsgeldes. Frauen, die am 2. 12. 1965 oder danach geboren sind, ist der Antritt einer Altersteilzeit frühestens mit 57 Jahren und Monaten möglich und somit frühestens am 2. 6. 2023. Die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld liegt ab dem Jahr 2023 bei der einkommensabhängigen Variante bei € 7.800,00 pro Jahre und bei der pauschalen Variante bei € 18.000,00 pro Jahr.
Sollten Sie Fragen haben, so steht Ihnen das KWR-Arbeitsrechtsteam gern zur Verfügung.