Der OGH hat sich nunmehr erstmals mit der Frage des Kostenersatzes bei Arbeiten im Homeoffice nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen zum Homeoffice auseinandergesetzt. In seiner Entscheidung 9 ObA 31/23h befasste sich der OGH mit dem Anspruch einer Arbeitnehmerin, die während der COVID-19-Krise ihre Arbeitsleistung im Homeoffice erbrachte.
- Hintergrund und Sachverhalt
Im Rahmen des 1. Lockdowns wurde die Arbeitnehmerin zunächst vorübergehend im Homeoffice tätig, ehe sie ab April 2020 dauerhaft von zu Hause arbeitete. Ein Büroarbeitsplatz stand der Arbeitnehmerin ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Verfügung. Die Arbeitnehmerin lehnte den Abschluss einer Homeoffice-Vereinbarung, die einen monatlichen Aufwandersatz von EUR 250 brutto vorgesehen hätte, ab. Der Arbeitgeber stellte einen Laptop, ein Firmenhandy und einen Bürosessel zur Verfügung. Ein Aufwandersatz für sonstige anfallende Kosten war nicht vorgesehen. In weiterer Folge begehrte die Arbeitnehmerin Aufwandersatz in der Höhe von EUR 250,- netto monatlich (KWR berichtete dazu bereits Was muss der Arbeitgeber bei Arbeiten im Homeoffice zahlen?).
- Aufwandersatz für Aufwendungen im Homeoffice
Die beiden Vorinstanzen sprachen der Arbeitnehmerin einen monatlichen Aufwandersatz von EUR 135,- netto zu. Die Arbeitnehmerin wandte sich in der Folge an den OGH, der wie folgt entschied:
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen Arbeitsmittel bereitzustellen. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsmittel selbst zur Verfügung stellt, hat er einen Aufwandersatzanspruch nach § 1014 ABGB. Der Aufwandersatzanspruch umfasst beim Homeoffice nach Ansicht des OGH und der Vorinstanzen nicht nur die durch die Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice verursachten Mehrkosten, sondern auch anteilige Strom-, Heiz- und Mietkosten.
Die Angemessenheit des Aufwandersatzanspruches kann nach § 273 ZPO durch das Gericht nach freier Überzeugung festgesetzt werden. Dabei handelt es sich um eine Beurteilung, die von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig ist. Die Arbeitnehmerin hat jedoch in der Revision kein Vorbringen erstattet, warum das OLG Wien die Grenzen dieses Ermessens überschritten hätte. Der OGH bestätigt damit die Rechtsansicht des OLG Wien, dass der Aufwandersatz jedenfalls die anteiligen Kosten (Strom, Gas, Internet, Miete und Betriebskosten) zu umfassen hat, um angemessen zu sein.
Der OGH hält ferner fest, dass der Aufwandersatzanspruch nach § 1014 ABGB kein Entgelt darstellt. Dementsprechend ist der Aufwandersatzanspruch bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall grundsätzlich nicht beachtlich. Allerdings kann der anzuwendende Kollektivvertrag im Einzelfall andere Regelungen festlegen, worauf sich die Arbeitnehmerin in ihrer Revision aber nicht berufen hat. Der OGH lässt ferner anklingen, dass ein Ersatzanspruch zustehen könnte, wenn der jeweilige Homeoffice-Arbeitsplatz im Krankheitsfall nicht privat genutzt werden könnte, zB weil sich dort Arbeitsunterlagen oder Arbeitsgeräte befinden. Mangels Vorbringens der Arbeitnehmerin hat sich der OGH aber nicht weiter mit dieser Frage befasst.
- Bedeutung für die Praxis
Durch die Entscheidung wurde weder ein Minimal- noch ein Höchstbetrag des Aufwandersatzes im Homeoffice festgesetzt. Allerdings stehen durch die Entscheidung einige Parameter fest, anhand derer die Angemessenheit eines Kostenersatzes gemessen werden kann. Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Parameter im konkreten Einzelfall unterschiedlich zu bewerten sein können.
Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, bestehende Homeoffice-Vereinbarungen auf Übereinstimmung mit der OGH-Judikatur zu prüfen und gegebenenfalls zu adaptieren.
Das KWR-Arbeitsrechtsteam steht Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung.