Schriftformgebot durch Übermittlung einer eingescannten Kopie des unterfertigten Kündigungsschreibens per E-Mail erfüllt

In Österreich hatte der OGH bereits mehrfach zu beurteilen, ob bestimmte Formen einer Kündigung dem sogenannten Schriftformgebot genügen.

In Österreich hatte der OGH bereits mehrfach zu beurteilen, ob bestimmte Formen einer Kündigung dem sogenannten Schriftformgebot genügen. Im Zusammenhang mit einer Arbeitgeberkündigung einer Arbeitnehmerin, auf deren Dienstverhältnis das Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG) anwendbar war, hatte der OGH zu beurteilen, ob die Übermittlung einer unterschriebenen Kopie eines Kündigungsschreibens per Post oder als Anhang zu einer E-Mail im PDF-Format dem Schriftformgebot genügt.

Schriftformgebot bei Beendigungen

Grundsätzlich muss die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach österreichischem Recht nicht schriftlich erfolgen. Oft wird aber im Arbeitsvertrag Schriftform vereinbart und/oder der anwendbare Kollektivvertrag sieht Schriftform vor und/oder es bestehen in Ausnahmefällen gesetzliche Schriftformerfordernisse. Abgesehen davon ist ganz generell aus Beweisgründen von einer (nur) mündlichen Kündigung abzuraten und einer schriftlichen Kündigung der Vorzug zu geben.

Entscheidung des OGH

Jüngst hat sich der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.8.2022, 8 ObA 101/21t, mit dem Schriftformgebot im Vertragsbedienstetengesetz (VBG) beschäftigt. Gemäß § 32 VBG kann eine Kündigung, wenn das Dienstverhältnis ununterbrochen ein Jahr gedauert hat, nur schriftlich und unter Angabe der Gründe erfolgen. Im vorliegenden Fall wurde einer Lehrerin nicht das Original der Kündigung zugestellt, sondern eine eingescannte Kopie der Kündigung als PDF-Anhang zu einer Email übermittelt.

Die Arbeitnehmerin begehrte die Feststellung, dass das Dienstverhältnis weiterhin aufrecht sei, da die Kündigung mangels Einhaltung des gesetzlichen Schriftformgebots unwirksam sei. Das Erstgericht gab der Klägerin recht, das Berufungsgericht und der OGH nicht:

Wesentlicher Zweck des Formgebots bei einer schriftlichen Arbeitgeberkündigung ist laut OGH, dass der/dem ehemaligen ArbeitnehmerIn ein Dokument zu Beweiszwecken vorliegt, und dass er/sie dieses Dokument an eine Rechtsberatungsstelle zur Überprüfung übergeben kann. Bedacht zu nehmen ist im Hinblick auf den Zweck der Überprüfbarkeit auch, dass das Dokument leicht ausdruckbar ist. Verneint hat der OGH im Zusammenhang die Wirksamkeit einer Kündigung über WhatsApp, weil in diesem Fall zum Ausdrucken technisches Wissen erforderlich ist (OGH 9 ObA 110/15i).

In seiner Entscheidung vom 24.4.2020 hat der OGH (OGH 8 ObA 5/20y) bejaht, dass ein eingescanntes Schreiben das Formgebot der Schriftlichkeit bei einer Nichtverlängerungserklärung eines befristeten Dienstverhältnisses ausreicht.

Entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung erachtete der OGH die Informations- und Beweiszwecke bei der Übermittlung einer eingescannten Kopie der Kündigung per E-Mail als ebenfalls erfüllt.

Bedeutung für die Praxis

Für die Praxis bedeutet dies aber nicht, dass bei Kündigungen nicht höchste Priorität auf Formfragen gelegt werden muss – ist eine Kündigung formal „falsch“, kann der/die ArbeitnehmerIn die Kündigung anfechten. Bei Formvorschriften sowie auch bei Themen rund um die Zustellung der Kündigung, korrekte Fristberechnung, betriebliches Vorfahren, Frühwarnsystem und andere Themen dürfen keine Fehler passieren.

Trotz der beschriebenen und begrüßenswerten Entscheidung des OGH ist einer Übermittlung einer Kündigung per Einschreiben oder durch persönliche Übergabe samt Bestätigung der Vorzug vor einer Übermittlung als Email-Anhang zu geben. Hauptgrund dafür ist, dass bei Email-Übermittlung technische Probleme auftreten können, die im Einzelfall zu komplizierten Fragen der erfolgten oder nicht erfolgten Zustellung führen können.

Ihr KWR-Arbeitsrechtsteam unterstützt Sie gerne bei Fragen rund um die Beendigung von Arbeitsverhältnissen.

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