Änderung rund um das Thema Elternschaft und Pflege ab 01. November 2023
Durch die Umsetzung der Richtlinie der Europäischen Union zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige kommt es ab 01. November 2023 in Österreich zu einigen wichtigen gesetzlichen Änderungen, unter anderem in den Bereichen Pflegekarenz und Familienhospizkarenz.
Informationen zu den Änderungen rund um das Thema Elternkarenz finden Sie unter Änderung Elternkarenz.
Änderungen rund um Elternteilzeit – Anspruchszeitraum, Begründung der Ablehnung und Motivkündigungsschutz
Der Anspruchszeitraum für die Elternteilzeit wird bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes ausgeweitet. Die Höchstdauer der Elternteilzeit beträgt dabei bei der gesetzlichen Variante („große Elternteilzeit“) weiterhin 7 Jahre.
Bei der vereinbarten Elternteilzeit („kleine Elternteilzeit“) ist künftig die Ablehnung der Teilzeit schriftlich zu begründen. Dies wird nicht als Anspruch geregelt, den Arbeitnehmer geltend machen müssen, sondern als absolute Verpflichtung der Arbeitgeber. Der Grund ist lediglich allgemein anzugeben, z.B. Unmöglichkeit von organisatorischen Ausgleichsmaßnahmen. Für die schriftliche Begründung sieht das Gesetz keine eigene Frist vor.
Dauert die Elternteilzeit länger als bis zum Ablauf des 4. Lebensjahres des Kindes oder beginnt sie nach dem Ablauf des 4. Lebensjahres des Kindes, kann eine Kündigung künftig wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Teilzeitbeschäftigung bei Gericht angefochten werden (Motivkündigungsschutz). Der Arbeitgeber muss auf ein schriftliches Verlangen des Arbeitnehmers eine schriftliche Begründung der Kündigung ausstellen. Der Arbeitnehmer muss die schriftliche Begründung bei sonstigem Ausschluss des Rechts auf Ausstellung binnen 5 Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung verlangen, der Arbeitgeber hat die schriftliche Begründung binnen 5 Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens auszustellen.
Änderungen rund um aufgeschobene Karenz – Begründung der Ablehnung und Motivkündigungsschutz
Der Arbeitgeber wird in Zukunft zur schriftlichen Begründung einer Ablehnung einer Vereinbarung über den Karenzaufschub verpflichtet. Die Begründung der Ablehnung hat binnen 2 Wochen ab dem Zeitpunkt zu erfolgen, an dem der Elternteil die Absicht, Karenz aufzuschieben, bekannt gibt. Weiters besteht die Verpflichtung zur Begründung der Ablehnung des konkreten Antrittszeitpunktes der aufgeschobenen Karenz 2 Wochen ab Bekanntgabe des gewünschten Zeitpunktes durch den Elternteil.
Die aufgeschobene Karenz wird weiters künftig mit einem Motivkündigungsschutz verbunden. Eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen aufgeschobenen Karenz kann bei Gericht angefochten werden. Der Arbeitgeber hat auf ein schriftliches Verlangen des Arbeitnehmers eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Der Arbeitnehmer muss die schriftliche Begründung bei sonstigem Ausschluss des Rechts auf Ausstellung binnen 5 Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung verlangen. Der Arbeitgeber muss dieses binnen 5 Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens ausstellen. Wird eine schriftliche Begründung nicht übermittelt, ist dies für die Rechtswirksamkeit der Beendigung allerdings ohne Belang.
Erweiterter Motivkündigungsschutz und schriftliche Begründung
Die angeführte Änderung zum Motivkündigungsschutz und die Verpflichtung zur schriftlichen Begründung gilt künftig darüber hinaus auch im Zusammenhang mit den folgenden Ansprüchen von ArbeitnehmerInnen:
- Pflegefreistellung,
- Wiedereingliederungsteilzeit,
- Bildungskarenz und Bildungsteilzeit,
- Betreuungsteilzeit,
- Pflegekarenz und Pflegeteilzeit.
Änderungen rund um Pflegekarenz & Pflegeteilzeit – Begründung der Ablehnung
Lehnt der Arbeitgeber in Zukunft eine vom Arbeitnehmer beantragte Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit ab, hat er die Ablehnung oder Aufschiebung sachlich und schriftlich zu begründen, wenn der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit hat.
Änderungen rund um Pflegefreistellung – Wegfall der Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts
Bislang hatten Arbeitnehmer nur Anspruch auf Pflegefreistellung wegen der notwendigen Pflege naher Angehöriger, wenn der Angehörige im gemeinsamen Haushalt mit dem Arbeitnehmer lebt. Durch die Novellierung ist für die Inanspruchnahme der Pflegefreistellung die Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts weggefallen. Darüber hinaus sind in den Kreis der erkrankten Personen, für die eine Pflegefreistellung zusteht, auch jene aufzunehmen, die mit dem Arbeitnehmer im gemeinsamen Haushalt leben – unabhängig davon, ob sie nahe Angehörige sind.
Wird die Pflegefreistellung für die notwendige Betreuung eines Kindes oder die Begleitung eines erkrankten Kindes in Anspruch genommen, muss weiterhin ein gemeinsamer Haushalt mit dem Arbeitnehmer vorliegen. Eine Ausnahme von der Regelung besteht aber wiederum, wenn es sich um das eigene Kind (bzw. Wahl- oder Pflegekind) des Arbeitnehmers handelt.
Änderungen rund um Familienhospizkarenz – Wegfall der Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts
Durch die Novellierung ist es ab 01. November 2023 nicht mehr Voraussetzung, dass die zu pflegende Person im gemeinsamen Haushalt mit dem Arbeitnehmer lebt oder nicht. Demnach besteht der Anspruch künftig sowohl für die Sterbebegleitung naher Angehöriger als auch die Begleitung von schwersterkrankten Kindern, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer mit dem Angehörigen bzw. dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt.
Das KWR-Arbeitsrechtsteam unterstützt Sie gerne bei allfälligen Fragen rund um die Neuerungen.